Inschriften und Ikonen

Huldigungsstein von 1531

Bein Räumungsarbeiten für die Gartengestaltung auf einem Grundstück nahe des Mausbacher Hofs wurde der abgebildete Blaustein gefunden. Es soll nur ein Fragment geborgen worden und der übrige Teil verschollen sein. Dieses Fragment wurde in eine Wand des zugehörigen Wintergartens fest eingelassen.

Vermutlich handelt es sich hier um einen Huldigungsstein von 1531 für (sicher) Jan Polonius von Wachtendonk. Dieser war 1531 - 1534 Fürstabt von Kornelimünster und Grundherr in Mausbach.

Nach dem Foto von Manfred Esser, das hier mit freundlicher Erlaubnis von Manfred Esser und dem Hauseigentümer (12.1.2024) zur Verfügung gestellt worden ist, lese ich auf dem Stein:
In geschweiftem Schild gekreuzte Abtstäbe von Kornelimünster belegt mit Herzschild mit Lilie der Wachtendonk. Band oben in Textura: "dies Johs [Johannis] de Wach[tendonk]" = Festtag des Johannes [Jan] von Wach[tendonk]. Band unten in Textura: "Anno d[ommi]ni 15[3?]1" = Im Jahr des Herrn 15[3?]1. Mir scheint bald, dass der Stein links der Einlassungen mit dem Wappen eine weitere Inschrift oder Reste einer Bemalung (evtl. Beschriftung) vorweisen könnte. Um dies zu verifizieren, müsste der Stein indes in Augenschein genommen (evtl. mit Abklatsch) oder in einer weiteren Fotografie besehen werden können.

Er könnte deutlich sichtbar außen am Mausbacher Hof angebracht gewesen sein, vielleicht über dem Torbogen. Er zeigte an, wer da, wo der Stein aufgestellt oder eingelassen war, das Sagen hatte, ähnlich heute den Schildern mit dem Amtswappen an den Gebäuden der NRW-Lan­des­be­hör­den oder eben dem Gessler-Hut bei Wilhelm Tell. In Mausbach hatten die Bauern die Abgaben indes an den Fürstabt am Mausbacher Hof zu leisten, z.B. den Grünhafer an einem jeden 29. Dezember (cf. Darstellung im AGM-Kalender 2021).

Eine Statue, die den von Wachtendonk abbilden soll, befindet sich am Eingang der Probsteikirche in Kornelimünster.

Huldigungsstein von 1531

Foto: Manfred Esser, Foto-Montage: Haro v. Laufenberg

Hausmadonna

Seit dem Spätmittelalter und teils bis in das 20. Jh. hinein war es Brauch, das Haus, seine Bewohner und deren Gäste unter den Schutz von Heiligen zu stellen, insbesondere unter den der Gottesmutter Maria, die seit dem 13. Jh. besondere Verehrung genoss. Ausgedrückt wurde dies mit in der Regel vollplastischen Figuren aus Stein oder Holz, die in der Hausfassade, für gewöhnlich an Ecken und oft in Nischen über Tor und Tür eingelassen waren. Dabei konnten Spruchbänder die Figuren begleiten, etwa wie "Maria schütze dieses Haus / und die da gehen ein und aus".

Eine Blüte erlebte dieser Brauch mit der Gegenreformation, wonach sakrale Hausfiguren nicht nur schützen sollten, sondern auch die katholische Gesinnung postulierten. Dementsprechend verbreitet sind diese von Köln nach Südost im Rhein-Main-Gebiet und in Süddeutschland. In Aachen wurden sie 1798, so nach dem Tagebuch 1772-1799 des Gilles-Leonard von Thimus-Goudenrath, auf Anordnung der französischen Regierung entfernt.

Im abteifrommen Münsterländchen lebt dieser Brauch heute noch. Die Grenze zum historisch weitaus glaubensreformfreudigeren Herzogtum Jülich verlief zwischen den Dörfern der ehemaligen Gemeinde Gressenich, und hier in der "Corneliusgemeinde", also nach dem Schutzheiligen solcher des Münsterländchens, überwiegt unter den Plastiken das Marienabbild, "Hausmadonna" oder "Hausmaria" genannt, aus dem Bilderschatz der Marienverehrung.

Der hiesige Volksmund nennt die in den Hausfassaden eingelassenen Nischen mit den sakralen Hausfiguren "Kapellche", Diminutiv von "Kapelle".

Aufgrund der Bestandsdichte an älteren Häusern hier hat vor allem die Lebendigkeit des Brauchs Bedeutung. Dies zeigt sich in offensichtlichen Ersetzungen als auch, dass, wie in Werth (Dorfstraße), einst zugemauerte Nischen wieder geöffnet worden sind, oder wie in Mausbach (Dechant-Brock-Straße) das "Kapellche" auf einer Fassade angebracht anstatt in dieselbe eingelassen wurde. Der Stil der Ersetzungen ist denn auch nicht unbedingt regionstypisch oder historisch begründet: in Werth steht eine bei Dunkelheit beleuchtete "Immaculata" als Neuware (1990er) aus Altötting in Bayern, in Mausbach eine "Schutzmantelmadonna" vom Flohmarkt (erworben 1990er, mit Sicherheit älter) und mithin unbekannter Provenienz. Aber doch sind es Marienfiguren.

Die oben abgebildete Hausmadonna steht heute im Magazin des AGM (Inventar Nr. AGM-173-308162). Ursprünglich stand sie im "Kapellche" an einem Haus Im Winkel in Mausbach hinter Glas. Es ist eine "Mutter mit Kind" (Maria regina mit dem Salvator mundi) in einem klassizistisch-romantischen (nazarenischen) Stil, die Gottesmutter brünett, das Jesuskind blond, beide mit blauen Augen; Fayence und der weiße Scherben mit einigen Eisenflecken und zahlreichen Luftblasen in der Zinnoxid-Glasur (Löcher mit silbrig glänzenden Rändern), ohne Stempel/Marke, wenig ausgearbeiteten Gliedern, teils wenig genauer Bemalung, sodass – nach dem Wiederaufblühen der Fayence um die Wende vom 19. zum 20. Jh. bis 1920 – von einer kunstgewerblichen Massenware um 1900 ausgegangen werden dürfte.

Vera Blazek [Věra Blažková], Betty Dahmen et al. (2014): Hauszeichen und Haussymbole in Aachen. Prag u. Aachen: Libri Aquenses.

Zum Wandschmuck der Zeit vom Ende des 19. bis in den Anfang des 20. Jh.s cf.
Sabine Thomas-Ziegler (1992): Röhrender Hirsch und betende Hände; Bildmotive und Funktion des populären Wandschmucks. Köln: Rheinland-Verl.

Inv.-Nr. AGM-173-308162. Fayence, Höhe ca. 31.8 cm, Durchmesser max. ca. 11.1 cm, ca. 1.2 kg.

Foto: Herbert Reimer

Museumskatalog