Hausfiguren und Hauszeichen

Formen der Indentitätsstiftung

Historisch ist der Katholizismus ein Wert, der, andere Erscheinungen aufgesogen, Regionen und auch Nationen in Europa ungeachtet der Kriege untereinander verbunden hat. Identitätsstiftend ist die Volksfrömmigkeit gewesen, die sich in der Heiligenverehrung und solcherweise auch in christlich annotierten Hausfiguren ausgedrückt hat. Heute wird oft von der "Verteidigung unserer Werte" gesprochen. Der Katholizismus spielt dabei keine Rolle mehr und so ist auch das Phänomen der Hausfiguren bedroht. Daher soll demselben hier eine denkmalpflegerische Aufmerksamkeit gewidmet sein.

Breinig

Alt Breinig 76

Keilstein über Türsturz, Blaustein.

Relief: Drei-Nagel-Kruzifix, "ANNO / 1824".

Dorff

Marienstraße 12

Keilstein in vermauertem Tür-/Torbogen, Blaustein, Mauerwerk erneuert (vgl. Mauerzeichen (Steinmetz-/Maurerzeichen) Dorfstraße 49).

Relief: Sonne mit "IHS" (= Jesus) Christusmonogramm, lat. Kreuz, drei Kreuznägel. Oben "ANO / 1827". (Ähnlich von 1764: Pfarrer-Gau-Straße 26-26a.)

Pfarrer-Gau-Straße 11

Türsturz, Blaustein.

Relief: Strahlenmonstranz mit "IHS" (= Jesus) Christusmonogramm, lat. Kreuz, Herz und drei Kreuznägel; von der Monstranz getrennt "1835" / Schmiedewerkzeuge / Initialen."

Gressenich

Auf der Eiche 13

Blaustein-Türeinfassung bekrönt mit Gesims, friesartige Verzierung mit zwei großen Rauten.

Relief: Initialen "W M / E K", "IHS" (= Jesus) Christusmonogramm mit lat. Kreuz und drei Kreuznägeln, "1863".

Gracht 27-29

Madonna mit Kind, Guss a1900 (?), beschädigt, mit dem Plastik-Puppen-Kopf für das Jesuskind nicht unbedingt sachgerecht restauriert.

Original eingelassene Nische im Ostflügel nördlich des Eingangs. Gracht 27-29 ist das älteste erhaltene Haus in Gressenich, ursprüngl. wohl wasserbewehrte Hofanlage, 1377 Ersterwähnung als Lehen der Abtei Kornelimünster.

Römerstraße 8

Blaustein-Türeinfassung mit Keilstein

Relief: Christusmonogramm "IHS" (= Jesus) mit lat. Kreuz, Herz und drei Kreuznägeln. Inschrift "AO · 1781 / DB·AN·B".

Römerstraße 18

Keilstein

Figur: Rose auf Lilie (beide Symbole für die Jungfrau Maria), Ornamentik in barockem Stil – noch keine Bestimmung gelungen

Römerstraße 18

Schlussstein, Blaustein

Relief: Schild, "ANNO 1700", Dreizack? (Fischer?) Besteck? – noch keine Bestimmung gelungen

Römerstraße 54

Herz-Jesu-Figur in Nische über Sturz der Haustür, Einfassung der Nische modern erneuert

Mausbach

Dechant-Brock-Straße 6

Schutzmantelmadonna in blauem Mantel in mit weiß getünchtem Blaustein eingefasster Nische über der Haustür.

Eine frühere Figur ist zerbrochen, die heute sichtbare wurde vor ca. 30 Jahren eingesetzt, stammt von einem Flohmarkt und ist mithin unbekannter Herkunft.

Dechant-Brock-Straße 15

Keilstein in Fenstereinrahmung aus Blaustein.

Ursprünglich partiell blauschwarz eingefärbt (?), umlaufendes Farbband, oben eingelassen "A[...] 1835", mittig in eingefärbtem Kreis Christusmonogramm "IHS" (= Jesus) mit lat. Kreuz und drei Kreuznägeln, unter dem Monogramm in eingefärbtem Streifen Inschrift "W F […] / A M F [...]".

Dechant-Brock-Straße 27

Blaustein-Schlussstein in erneuertem Türsturz (vermutl. Erweiterungsbau).

Inschrift oben "1833", mittig in Vertiefung Relief mit Sonne (12-strahliger Stern), darin Christusmonogramm "IHS" (= Jesus) mit Kreuz und drei Kreuznägeln. Unten Inschrift "C·B:G·B".

Dechant-Brock-Straße 35

Madonna mit Kind, weißer Scherben hinter Glas.

Die Nische ist eine ursprüngliche Einlassung und in der modernen Fassadendämmung mit einem Holzrahmen erhalten.

Dechant-Brock-Straße 37

Betende Madonna Immaculata.

Anbringung eines "Kapellche" auf moderner Fassadendämmung.

Dechant-Brock-Straße 87

Kreuzigungsgruppe hinter Glas in Fassade eingelassen.

Das Kruzifix von der Panoramasicht aus geschätzt auf a1900, die Begleitfiguren (eigentlich Maria Gottesmutter und Johannes Ap.) aus anderer Fertigung und in ursprünglich wohl anderem Zusammenhang.

Friedensstraße 18

Madonna mit Kind, moderne Ausführung an moderner Hausfassade in der Siedlung Diepenlinchen.

Beispiel für eine Zeitenwende: Bei der Siedlung Diepenlinchen handelt es sich ursprünglich um NS-Wohnungsbau durch die DAF; Postulate kath. Glaubens waren unerwünscht.

Vichter Straße 4

Madonna mit Kind über dem Sturz der Haustür.

Nische aus Blaustein, Einlassung original.

Vichter Straße 12

Klagende Maria (?, Maria Magdalena ?) mit Kruzifix im Arm in Nische über dem Sturz der Haustür.

Nische und Einfassung an dem laut Maueranker 1906 errichtetem oder erneuertem Bauwerk sind ursprünglich.

Vichter Straße 33

Schlussstein im Torbogen

Relief: "i. F. KOR / IHS (= Jesus) Christusmongramm mit lat. Kreuz und drei Kreuznägeln / 1867".

(Ähnlich Schlussstein von 1813 in Krewinkel am Hofhaus neben der Barbara-Kapelle.)

Vichter Straße 53

Herz Maria Immaculata, hinter Glas.

Schevenhütte

Langerweher Straße 14

Hausmadonna Immaculata in Nische über Haustür.

Hinter Glas weißer Scherben 20./21. Jahrhundert, mit Blaustein eingefasste Nische original eingelassen.

Vicht

Eifelstraße 13

Agnus Dei im Westgiebel unterhalb der Attika des ehemaligen Gemeindehauses von 1750.

Goldfarbenes (Gold = göttlich) Osterlamm mit Siegesfahne (eigentlich: halbtransparent (= himmlische Sphäre) rotes Kreuz auf weißem Feld), Symbol für die Auferstehung Jesu Christi, auf einem Buch mit vier Siegeln (= Bibel) ruhend.

Eifelstraße 77

Globus cruciger.

Rest eines Fries auf Gesims (?)

Eifelstraße 96

Blaustein-Einfassung mit Schlusstein über Haustür.

Relief: Achtstrahliger "Goldener Stern", eingetieft "J K AES / 1840". Stern als Symbol für die Gottesmutter Maria, die auf dem Meer des Lebens als "Meeresstern" (Stella maris) die Richtung weist / Stern von Bethlehem, der die Weisen zur Krippe führt (Mt 2,2).

Leuwstraße 54

Leere, original eingelassene Nische für Hausfigur über der Haustür, a1900.

Leuwstraße 58

Maria Königin mit Kind, weißer Scherben/Steingut.

Nische über der Haustür a1900.

Werth

Dorfstraße 49

Betende Madonna Immaculata, weißer Scherben hinter Glas, in "Kapellche" an der nördlichen Giebelseite über zugemauerter Tür.

Das Haus wurde 1924-1927 erneuert (laut Maueranker 1928). Kriegsbeschädigung, Erneuerung der Giebelseite in den 1990er Jahren, li. im Bild: Teil des Mauerzeichens (Steinmetz- od. Maurerzeichen, vgl. Marienstraße 12), dabei Öffnung der ursprünglichen Nische. Figur Neuware der 1990er aus Altötting (Bayern), Schmiedegitter von Josef Braun (Werth), 1990er. Bei Dunkelheit wird das "Kapellche" elektrisch illuminiert.

Hinweise zur Hausbaugeschichte: Bernhard Herzog (Werth) (2024)

Grenzweg 17

Madonna mit Kind in "Kapellche" über Haustür. Maria in außen blauem, innen rotem Gewand und gekrönt. Figur (Gips?-) Guss, "vor langer Zeit" neu bemalt, insgesamt verwittert, Jesuskind weiter beschädigt.

Figur und Nische original a1900.

Zweifall

Döllscheidter Straße 2

Betende Maria Immaculata mit Sternenkranz bekrönt. Gaube nach Süd mit Lilien und Globus cruciger bekrönt, Kreuz mit Kleeblattenden.

Alte Schule (Mittelklasse) von 1872.

Frackersberg 1

Schutzmantelmadonna, Guss, in Nische über Türsturz aus Blaustein.

Im Türstuz eingelassen "B. Bengel / A.H. Düjardin / 1863".

Jägerhausstraße 19

Herz-Jesu-Figur in offener Nische unter dem Dach Westseite.

Lt. Besitzerangaben unverändert seit Errichtung des Hauses, nach Angabe im Türsturz 1877, also in der Zeit des Kulturkampfs (Konflikt Staat/Kirche), in der die Herz-Jesu-Verehrung als Postulat kath. Bekenntnisses gegen den Staat weite Verbreitung genossen hat.

Jägerhausstraße 32

Betende Maria Immaculata, blau/golden, unter Rose als Baldachin, hinter Glas.

Zwischen Türsturz und Fenstersims.

Jägerhausstraße 82

Gekrönte Figur, rechte Hand segnend, in linker Hand Globus cruciger (?), in holzgerahmter, blumengeschmückter Nische auf Blausteingesims zwischen Türsturz und Fenstersims.

Haus erbaut a1900.

Jägerhausstraße 90

Barmherzige Maria mit Kind, evtl. Fayence, hinter Glas, Nische mit Metallrahmen.

Haus erbaut a1900, Figur wahrscheinl. jünger.

Jägerhausstraße 94

Maria mit Kind hinter Glas in blumengeschmückter Nische mit aufgesetztem Holzrahmen zwischen Türsturz und Fenstersims.

Haus erbaut a1900.

Das Interesse der Forschung an Hausfiguren und Hauszeichen als Gegenstand regionaler Kunstgeschichte geht freilich weit über Stolberg und das Rheinland hinaus. Es besteht seit etwa den 1920er-Jahren, wobei eine hohe Bestandsdichte an Hausfiguren süddeutsche Zentren, insbesondere Würzburg fokussiert hat (cf. Würzburg-Wiki: Hausmadonnen). Vor wenigen Jahren nun hat auch der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz ein Forschungsprojekt angestoßen, um die identitätsstiftende Bedeutung von Hausfiguren und Hauszeichen in der Euregio Maas-Rhein aufzuhellen (KuLaDig LVR: Hauszeichen).

vom AGM hat Hausfiguren in der Concessie in De Haan fotografiert. De Haan liegt in Belgien an der flämischen Nordseeküste. Die Concessie ist ein ursprüngliches Dünengebiet, das 1889 zur Bebauung als Badeort erschlossen worden ist; daher Concessie "Genehmigung". Die Besonderheit der Concessie ist die Auflage eines großzügigen anglo-normannischen Baustils, der an die enge Bindung von England und Belgien seit Beginn der Industrialisierung und insbesondere an die enge Bindung des britischen und belgischen Königshauses erinnern mag. Der Aachener Baumeister Hermann Joseph Stübben (1845-1936) war hier schöpferisch tätig und der belgische Architekt Leo Edward Ide (1901-1979), bekannt als Léon Ide, und es entstanden Prägungen mit schließlich auch regionalen Stilmerkmalen. Darunter Hausfiguren in diversen Stilen und künstlerisch anspruchsvollen Ausführungen; oft, wie bei uns im Münsterländchen, Abbildungen aus dem Marienleben, aber auch Abbildungen von Heiligen mit dem Jesuskind.

Hausfiguren in De Haan (BE)

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