Gressenich – 5 Dörfer

Toponymie, Topographie, Ereignisse und Strukturen

Ortskunde
Toponymie und topografische Daten zu den fünf Dörfern der ehemaligen Gemeinde Gressenich
Gressenicher Gemeindewappen
Blasonierung, Entstehungsgeschichte
Ereignisse und Strukturen
Einführung in die historischen Ereignisse und Strukturen in den fünf Dörfern, Zeittafel vom Mesolithikum bis zum 31. Dezember 1971

Gressenich

Toponymisch abgeleitet von lateinisch Gratiniacum (Grassiniacum, Crasciniacum), "Gut des Gratius". Um wen es sich bei diesem Gratius ("der Dankende") gehandelt hat, ist unbekannt.

Ersterwähnung in einer Dotationsurkunde von 842 zugunsten des Klosters Inda (Kornelimünster) als villa Crasciniacum, ein fränkischer Königshof, der sich räumlich weit über die heutige Ortschaft Gressenich erstreckte (vgl. heutige Gemarkung Gressenich). Zweifellos gehört Gressenich zu den ältesten Ortschaften im Aachener Raum. So ist der Grundriss des historischen Kerns im Bereich Römerstraße/Rottstraße typisch römisch.

Lage am Omerbach, 213 m ü. NHN

Koordinaten 50°46'22"N 6°18'1"O

Einwohner 2.420 (Stand 2017)

Postleitzahl 52224, Vorwahl 02409

Enklave St. Laurentius

1569 kaufte die Abtei Kornelimünster dem Kölner Domkapitel das Kollations- und Zehntrecht in Gressenich ab. Daher und auch da die mittelalterlichen Laurentius-Patrozinien im Allgemeinen weit, teils bis in die Spätantike zurückgehen, dürfte die Kirche von der Verschenkung Gressenichs an das Kloster Inda ausgenommen gewesen sein.

Als Gressenich im Zweiten Weltkrieg 1944 aufgrund des sinnlosen und umso hartnäckigeren Widerstands der deutschen Wehrmacht gegen die vorrückende US-Army in der Kampflinie lag, wurde die Laurentiuskirche zerstört. Vom spätgotischen Kirchenschmuck konnten nur Teile des Flügelaltars sowie die vom Niederrhein stammende, eichenhölzerne Anna Selbdritt gesichert werden. Mit dem Schutt des Kirchenbaus wurden nach 1945 die Wehrweiher von Gut Köttenich verfüllt.

Mausbach

Toponymisch nach dem gleichnamigen Gewässer in Mausbach, das vermutlich eine Abgabegrenze der Abtei Kornelimünster zur jülischen Fleuth gewesen ist (von "Maut").

Ersterwähnung in einer Dotationsurkunde von 1178 zugunsten des St.-Nikolaus-Hospitals in Kornelimünster (so auch der Stolberger Stadtteil Dorff). Im Zusammenhang mit der Stiftung werden ein Ritter Emmo, ein Bertoldus und ein Everard mit dem Bart aus Mausbach sowie ein Hermann von Krewinkel genannt.

Lage am Mausbach, 294 m ü. NHN

Koordinaten 50°45'28"N 6°16'40"O

Einwohner 4.594 (Stand 2017)

Postleitzahl 52224, Vorwahl 02402

Schevenhütte

Toponymisch nach einem Eisenhüttenbetreiber (Reitmeister) Wilhelm Scheiffen. Auch der Schevenhütter Ortsteil Joaswerk ist nach einem Reitmeister, dem Jan Johaes, benannt.

Ersterwähnung der offenbar länger bestehenden Hütte 1525 in einem Auftrag des Herzogs von Jülich an den Eisengießer Kirstgen (Christian) Johaes auf der scheyven hutte, wohl Pächter daselbst, zum Gießen von Kanonenkugeln.

Lage am Wehebach, 189 m ü. NHN

Koordinaten 50°46'10"N 6°19'31"O

Einwohner 688 (Stand 2017)

Postleitzahl 52224, Vorwahl 02409

Vicht

Toponymisch ungeklärt, naheliegend jedoch Herleitung vom örtlichen Fließgewässer Vicht (Vichtbach), wobei das Wort "Vicht" vermutlich aus keltischer oder gallorömischer Zeit ist, eventuell im Sinne von lat. vitalis "lebendig".

Ersterwähnung 1455 im Monschauer Waldrecht in einem Nachtrag mit Bezug auf das Jahr 1421. Die vielfach als erste genannte Erwähnung 1322 bezieht sich allein auf den Vichtbach.

Lage am Vichtbach, 218 m ü. NHN

Koordinaten 50°44'37"N 6°15'57"O

Einwohner 1.867 (Stand 2017)

Postleitzahl 52224, Vorwahl 02402

Werth

Toponymisch und Ersterwähnung vermutlich nach der im 14./15. Jh. im Waldrecht der Wehrmeisterei genannten Stelle "van der mysbach yn heren Wynrichs stertt" also eines Herrn Weinrichs Besitz, abgeschliffen zu "Werth". Zum Dorf entwickelte sich Werth erst im ausgehenden 19. Jh. infolge der Kohlelieferungen aus Eschweiler für die Erzgruben in Diepenlinchen.

Lage am Kaltenbornbach, 240 m ü. NHN

Koordinaten 50°46'50"N 6°16'56"O

Einwohner 1.048 (Stand 2017)

Postleitzahl 52224, Vorwahl 02409

Gressenicher Ortswappen von Wolfgang Pagenstecher

Gressenicher Gemeindewappen 1939 bis 1971

In goldenem Feld ein schwarzer, rot gezungter, schwarz bewehrter, rechtsgekehrt schreitender Löwe, an den Schultern beladen mit gegurtetem Schild, darauf in silbernem Feld schwarz tingiert gekreuzt Schlägel und Eisen, in den Vorderpranken gepackt ein rotes, aufwärts gekehrtes Horn.

Das Gressenicher Gemeindewappen wurde 1939 genehmigt. Entworfen hatte es der Düsseldorfer Heraldiker Wolfgang Pagenstecher (* 1880, † 1953). Das von dem Gressenicher Lehrer Reinhard Geis (* 1936) gefertigte Glasmosaik mit diesem Wappen ist seit Ende der 1960er-Jahre an der Fassade des früheren Bürgermeisteramts, Gressenicher Straße in Mausbach, eingelassen.

Die Tinkturen Schwarz/Gold und der Löwe sind die Farben und die Schildfigur der Jülicher Grafen. Sie zeigen die historische Verbundenheit mit Jülich an. Das Horn soll die Reichsabtei Kornelimünster symbolisieren. Schlägel und Eisen deuten den im Gressenicher Raum tradierten Bergbau an.

Tatsächlich ist das (Büffel-) Horn ein Attribut des hl. Kornelius. Unterdessen führte die Reichsabtei ein Wappen mit zwei schräggekreuzten goldenen Abtstäben auf rotem Feld, das schon 1506 im Gressenicher Schöffensiegel figürlich dargestellt wurde. Insofern und angesichts anderer Vorschläge ist für den Entwurf von 1939 anzunehmen, dass dieser im Ungeist des Nazismus entstanden ist und mit dem Verzicht auf das kirchliche Insigne als auch im Proporz der Zeichen die Bedeutung der Kirche in der Ortsgeschichte zu unterdrücken und mehr noch die Kirche in den Pranken des mit der "Arbeit" bewehrten Staats darzustellen suchte. Dabei wird die Kirche auf den Aberglauben reduziert. Denn es war Kult, das Korneliushorn am Korneliustag (16., vormals 14. September) im Münsterländchen herumzuführen und dies war verbunden mit dem Aberglauben, wer daraus (gegen Geld) tränke, sei gefeit gegen Epilepsie.

Für diese Interpretation spricht fernerhin, dass Pagenstecher ab 1933 in enger Abstimmung mit Vertretern der Nazi-Partei, die die "Heimatgeschichte" in den Dienst ihrer Ideologie stellten, gearbeitet hat, zumal die Behörde des Reichsstatthalters, in diesem Falle Hermann Göring, die Führung von Gemeindewappen kontrollierte.

[Die Verwendung des Wappens im Signet des Arbeitskreises Geschichte Mausbach wird innerhalb des Vereins nicht unkritisch gesehen.]

Dieses Werk ist unter einer Creative Commons Lizenz BY-NC-ND 4.0 (Namensnennung – Nicht-kommerziell – Keine Bearbeitung) veröffentlicht. Lesen Sie die Details auf der Creative Commons Website.